Ruth Stahl

Künstlerischer Werdegang
1928    geboren in Nürnberg
       Besuch der Graphischen Fachschule Nürnberg bei Arthur Rappl und Georg Weidenbacher
       lebt seit 1956 in Osnabrück
1959 – 1963 »Schule des Sehens« bei Oskar Kokoschka, Salzburg
1959    Förderpreis der Stadt Salzburg
1961    Ehrenpreis der Int. Sommerakademie in Salzburg
       Radiertechnik als Gast an der Folkwangschule Essen bei H. Steidle
1976 – 1978 Lehrtätigkeit an der »Schule des Sehens«, Salzburg
       Zahlreiche Studienreisen

Zu ihrer Arbeit
»Ruth Stahl hat behutsam die Impulse ihres Lehrers (Oskar Kokoschka) genutzt; sie hat auf Reisen, die sie vorwiegend nach Italien und Frankreich führten, die Landschaft, die Städte, die Architektur und die Straßen so unbefangen angeschaut wie vorher in Salzburg die sich ständig bewegenden Modelle. Die Statik von Landschaft und Architektur kam ihr entgegen, entsprach einem offenbar angeborenen Sinn für eine ruhige ausgeglichene Ordnung. Sie fand diese Ordnung ebenso in berühmten Plätzen und Bauwerken wie in unscheinbaren Straßen oder in der Formation einer Landschaft. Sie suchte jedoch nie das Normative im allgemeinen Sinn, sondern die individuelle Erfüllung einer Norm. Wer eines der auf Reisen gemalten Aquarelle oder eine im Anschluss daran entstandenen Radierungen sieht, weiß sofort, auch ohne den Titel des Blatts zu kennen: dies ist eine Provence-Landschaft, das sind die Arkaden von Bologna. Diese Bestimmtheit des Gegenstandes, seine Zugehörigkeit zu einer spezifischen Region oder Stadt, resultiert nicht aus seiner Berühmtheit- nur eine kleine Zahl von Blättern hat ein berühmtes Bauwerk oder einen berühmten Platz zum Gegenstand. Die Bestimmtheit hat das Einsehen in die Individualität, in das Besondere des Gegenstands zur Voraussetzung. Neben seiner Ordnung sind es sein Licht und seine Farbigkeit, die Ruth Stahl präzisiert. Einzelheiten, Pittoresk-Anekdotisches fehlen dabei völlig, weil sie so lange intensiv und ruhig ihr ›Motiv‹ anschaut, dass das Beiläufige sich verliert und die große Form in ihrer Erscheinung als Licht und Farbe allein übrig bleibt. Die Konzentration auf das Besondere des Gegenstands in einem individuellen Erlebnis führt zu einer erstaunlichen Objektivierung, die für jeden Betrachter unmittelbar einsichtig ist. Deshalb bekümmert es sie auch nicht, ob auch schon jemand anderes sich mit demselben Thema, mit demselben Gegenstand beschäftigt hat. […]
 Alle Blätter von Ruth Stahl sind durch […] innere Identität von Gegenstand und Bewusstsein bestimmt; hierauf beruht ihre unprätentiöse, überzeugende Richtigkeit.«
 aus: Heinz Spielmanns Einführung

im Katalog »Ruth Stahl. Aquarelle und Radierungen«, Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück, 1977, S. 7f.



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